Zu Besuch bei Freunden
 

Eine sechsköpfige Gruppe aus Fulda hat ein Wochenende im koptisch orthodoxen Kloster bei Höxter verbracht. Dabei waren auch drei eritreische Migranten aus der Unterkunft in der Frankfurter Straße.
Anlass für diesen Besuch war die Einladung des koptischen Bischofs Damian, die er bei der Veranstaltung zum Thema "Riten und Gebräuche der Ostkirche" im März diesen Jahres ausgesprochen hatte, ihn und das Kloster zu besuchen.
Hier einige der Eindrücke von unserem Besuch:
- die Ankunft: An der Klostertreppe hat uns am Freitagabend schon ein Mönchspriester erwartet und noch draußen vor der Tür begrüßt. Was für eine Erfahrung für uns und vor allem für unsere drei Migranten: erwartet, begrüßt und willkommen zu sein!
- die Gastfreundschaft: obwohl sich Kopten wie Eritreer seit Pfingsten durch Fasten auf das Hochfest Peter und Paul am 12.7. vorbereiten, kannte die Gastfreundschaft keine Grenzen: wir kamen in den Genuss vieler veganer Speisen aus Ägypten und das mehrmals täglich. Wir haben eine ausführliche Führung durch das Kloster durch einen der Diakone erhalten. (Kruzifixausstellung; Meßgewänder; Ausstellung von Kirchennachbildungen aus Papier, sowie Holzskulpturen zu Themen der Bibel.
- Besuch im zentralen Aufnahmelager Borgentreich : sehr emotional war unser Besuch mit Bischof Damian im Aufnahmelager. Dort sind derzeit 541 Flüchtlinge untergebracht. Das Lager hatte vor zwei Wochen Bundesinnenminister de Maiziere besucht. Aus Anlass des Welttages des Migranten (20. Juni), der nun eben mit unserem Besuch bei Bischof Damian zusammenfiel, hatte das koptische Kloster Speisen zubereitet und dort vor Ort verteilt. Das Kloster ist Eigentümer des Lagers auf dem Gebiet einer ehemaligen Kaserne. Leistungserbringer ist der Malteser Hilfsdienst (MHD). Der Bischof ist in seiner schwarzen Bischofskleidung zuvor mit uns in einen Supermarkt gegangen, dort hat er Lebensmittel für andere Flüchtlinge eingekauft. Wir kamen zusammen mit dem Bischof in einem Kleinbus ins Lager und wurden bereits am Eingangstor herzlich empfangen. In einem ehemaligen Kesselhaus soll bald eine Kirche als Ort der Begegnung auch mit anderen Konfessionen entstehen, die der Heiligen Familie, den unschuldigen Kindern von Bethlehem und allen gegenwärtigen Märtyrern geweiht werden soll. Bis dahin gibt es noch viel zu tun. Auch wir durften dem Bischof und seinem mitreisenden Priester und Diakon helfen, das gespendete Buffet herzurichten und andere Sachspenden an einer Ausgabestelle abzugeben. Diesmal haben die drei Flüchtlinge aus Fulda quasi die Seite gewechselt und wurden selbst mit zu Wohltätern, so wurden sie auch empfangen und begrüßt; das war kaum mehr in Worte zu fassen; uns allen kamen die Tränen.
- der Bischof und sein Auftrag: Bischof Damian hatte sich viel Zeit für uns genommen, wir haben zusammen Picknick gemacht und Samstagabend im Klostergarten draußen zu Abend gegessen.
Wir haben im Lager mit ihm und den Flüchtlingen Volleyball und Fußball gespielt.
Er hat uns folgende Anregungen und Aufträge mitgegeben:
1. kümmert euch um die minderjährigen eritreischen Flüchtlinge!
2. Ihr Eritreer hier vernetzt euch und organisiert liturgische Feiern und Gottesdienste in euren Wohnorten!
3. Helft beim Aufbau einer Kirche im zentralen Aufnahmelager für Flüchtlinge oder kommt als Helfer zur Renovierung ins Kloster! Bringt Mitarbeiter mit!
- der Gottesdienst: Höhepunkt der liturgischen Erfahrungen war der Sonntagsgottesdienst in arabischer Sprache mit Empfang des Heiligen Brotes. Wir durften zusehen, wie das Heilige Brot für den Gottesdienst von einem Klostermitarbeiter kurz vor dem Gottesdienst frisch zubereitet wurde. Dabei haben wir auch erfahren, warum das Brot und die Hostie rund sind: die Form ist Symbol für Christus selbst, ohne Anfang und ohne Ende.
Der knapp dreistündige Gottesdienst im koptischen Ritus war an Feierlichkeit und Ehrfurcht beeindruckend. Die Gesänge, die Gewänder, die tiefe Verehrung des Allerheiligsten. Alle hatten im Eingangsbereich der Klosterkapelle zuvor ihre Schuhe ausgezogen, einige gar die Strümpfe. Ich durfte dort die Lesung auf Deutsch vortragen. Anwesend waren viele koptische Ägypter (ca.70 Personen) aus dem Umland und ca. 30 Eritreer, sowie orthodoxe Christen aus dem Balkan. Die Ägypter haben Speisen mitgebracht und auch uns nach dem Gottesdienst mal wieder reichlich bewirtet. Spontan haben die Eritreer mehrere Kirchenlieder angestimmt, die drei Freunde aus der Frankfurter Strasse haben im Spontanchor mitgewirkt.
- mein Fazit: Bischof Damian denkt weit in die Zukunft: orthodoxer Glauben hier wird durch Migranten hier eine stärkere Rolle spielen.
Unsere Bemühungen um spirituelle Beheimatung der Migranten ist wirklich wichtig.

Holger Schwan                                                                                                                                                    Fulda, 23.6.2015

 
 
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